Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
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Werkzeugverschleiß bei der spanenden Bearbeitung von Holzwerkstoffen aus silikatreichen Partikeln

Ausgangssituation

Vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden weltweiten Ressourcenverknappung und -verteuerung des Rohstoffes Holz ist wieder ein zunehmendes Interesse der Holzwerkstoffindustrie an alternativen Span- und Faserstoffen zu verzeichnen. Agrar-Reststoffe, wie Getreidestroh oder andere geeignete Lignocellulosen stellen dabei eine zunehmend wichtigere Alternative als Teil- oder auch Vollsubstitut bisher verarbeiteter Sortimente dar.
In den vergangenen Jahren rückte daher die Herstellung marktfähiger Span- und Faserplatten auf Basis verschiedenster alternativer Rohstoffe in den Fokus diverser Forschungsvorhaben. In erster Linie standen dabei die mechanischen und hygrischen Eigenschaften der Werkstoffe im Vordergrund während bezüglich ihrer Verschleißwirkung nur wenige Informationen verfügbar sind. Da Agrar-Reststoffe gegenüber Holz in der Regel deutlich höhere Asche- und Silicatgehalte aufweisen, werden ein höherer Werkzeugverschleiß bei der spanenden Bearbeitung und damit höhere Kosten prognostiziert. Diese Annahme stellt einen wichtigen Grund dar, weshalb Verarbeiter Plattenwerkstoffen aus alternativen Lignocellulosen skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen und diese bislang nur in begrenztem Umfang produziert und eingesetzt werden. Da die Kenntnis der Rohstoffeigenschaften sowie ihrer Auswirkungen auf das Produkt Voraussetzung sind, um ggf. ressourceneffiziente Lösungen für die Herstellung und Verarbeitung von alternativen Plattenwerkstoffen zu entwickeln, galt es, die entsprechenden Verschleißmechanismen zu identifizieren und zu quantifizieren. Ziel des Vorhabens war insbesondere, den Einfluss von Silicaten im Rohmaterial von Plattenwerkstoffen aus silicatreichen Partikeln zu charakterisieren.

Ergebnisse

Die Asche- und Silicatgehalte der untersuchten Agrar-Pflanzen variierten sowohl in Abhängigkeit vom phänologischen Entwicklungsstadium als auch vom jeweiligen Ort ihres Vorkommens in den einzelnen Pflanzenabschnitten (Stängel, Blätter, Fruchtstände) und unterliegen darüber hinaus auch den spezifischen Standortbedingungen (Boden, Klima etc.). Der Aschegehalt sank tendenziell bei den meisten untersuchten Pflanzenstängeln mit zunehmendem Entwicklungsstadium, während der Silicatgehalt stieg. Die einzelnen Pflanzenabschnitte unterschieden sich teilweise gravierend. Ein Zusammenhang zwischen Asche- und Silicatgehalt, dem jeweiligen Pflanzentyp (C3 oder C4) bzw. der Zuordnung zu monokotylen oder dikotylen Pflanzen besteht nicht. Eine Ableitung des Silicatgehaltes oder gar der Verschleißwirkung eines Rohmaterials aus dem jeweiligen Aschegehalt erwies sich als nicht zielführend.
Die Untersuchungen zur Partikelmorphologie der Silicatrückstände belegten prinzipielle Unterschiede hinsichtlich Struktur und Größe zwischen biomineralisierten Silicaten (Struktursilicaten) und Silicaten aus Verunreinigungen (Störstoffsilicaten). Entgegen der bisherigen Praxis erscheint eine Differenzierung zwischen Störstoffsilicaten und Struktursilicaten als zwingend notwendig, da sich deren Verschleißwirkung bei gleichem massebezogenen Gehalt gravierend unterscheiden kann. Anders als allgemein angenommen, haben biomineralisierte Silicate aufgrund ihren zumeist filigranen, dünnschichtigen Strukturen eine zum Teil deutlich geringere Verschleißwirkung als massiv-körnige Störstoffsilicate. Erstmals konnte im Rahmen umfangreicherer Untersuchungen am Beispiel von Weizen- bzw. Raps-Stroh gezeigt werden, dass potentiell zur Herstellung von Holzwerkstoffen nutzbare alternative Lignocellulosen sich hinsichtlich ihrer Verschleißwirkung im Endprodukt nicht zwangsläufig von holzbasierenden Spanplatten unterscheiden. Entgegen weitverbreiteten Vorbehalten konnten in Bezug auf den Schneidstoffverschleiß keine nennenswerten Unterschiede zwischen Weizen-Stroh, Raps-Stroh sowie Fichte als Rohmaterial festgestellt werden.
Der Einfluss mineralischer Inhaltsstoffe (vorwiegend Silicate) auf den Schneidstoffverschleiß hängt in erster Linie von deren Partikelstruktur, -größe und erst dann vom Gehalt ab. In Bezug auf Störstoffsilicate konnte ein linearer Zusammenhang zwischen deren Gehalt und dem Verschleiß belegt werden.  Als wesentlicher Einflussfaktor auf den Verschleiß erwies sich jedoch die Rohdichte.

Die Ergebnisse und Erkenntnisse des Vorhabens liefern eine Grundlage für die Beurteilung alternativer Partikelrohstoffe hinsichtlich ihrer Verschleißwirkung bei der spanenden Bearbeitung daraus gefertigter Plattenwerkstoffe. Insbesondere die Erkenntnisse zum Einfluss von Partikelstruktur, -größe und -gehalt silicatischer Bestandteile hinsichtlich ihrer abrasiven Wirkung sind von grundlegender Bedeutung. Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen deutlich, dass gegenüber alternativen Lignocellulosen (z. B. Getreidestroh) bestehende Vorbehalte aufgrund ihrer mutmaßlich hohen Verschleißwirkung nicht berechtigt sind und lassen hoffen, dass potentielle Produzenten und Anwender der Herstellung und Verarbeitung von Plattenmaterialien auf Basis alternativer Lignocellulosen zukünftig aufgeschlossener gegenüber stehen.


Projektpartner

AKE Knebel GmbH & Co. KG. - Niederlassung Rietberg
Konrad-Adenauer-Straße 32, D-33397 Rietberg

Fraunhofer-Institut für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI)
Bienroder Straße 54 E, D-38108 Braunschweig

Glunz AG - Werk Meppen
Grecostraße 1, D-49716 Meppen

TIGRA GmbH
Gewerbering 2, D-86698 Oberndorf am Lech

TU Dresden - Institut für Holz- und Papiertechnik
Professur für Holz- und Faserwerkstofftechnik, D-01062 Dresden


Förderrahmen

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Projektträger Forschung an Hochschulen (PT-FH) 


Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen

Dieses Vorhaben wurde gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über AiF-FHProfUnt
Förderkennzeichen: 1723X08
Laufzeit: 01.07.2008 - 30.04.2012


Projektleiter und Ansprechpartner

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schwarz, Prof. Dr.-Ing. Volker Thole
Dipl.-Ing. (FH) Christian Müller


Publikationen

Müller C, Deetz R, Schwarz U, Thole V (2011) Agricultural residues in panel production – Impact of ash and silica content. In: Grönlund A, Cristóvão L (Hrsg.) Proc. of the 20th International Wood Machining Seminar, 7-10 Juni, Skellefteå, Schweden

Müller C, Schwarz U, Thole V (2012) Spanplatten aus Einjahrespflanzen – Bedeutung von mineralischen Inhaltsstoffen und deren Struktur für den Schneidstoffverschleiß. In: Wagenführ A (Hrsg.) Tagungsband des 15. Holztechnologischen Kolloquiums Dresden, 29-30 März, Dresden, ISBN 3-86005-534-8

Müller C, Schwarz U, Thole V (2012) Zur Nutzung von Agrar-Reststoffen in der Holzwerkstoffindustrie. European Journal of Wood and Wood Products 70(5):587-594, DOI: 10.1007/s00107-011-0589-0

Müller C, Deetz R, Schwarz U, Thole V (2012) Agricultural residues in panel production – Impact of silica particle content and morphology on tool wear. Wood Material Science & Engineering, DOI:10.1080/17480272.2012.681702