Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
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HealthyGrowth -

From Niche to Volume with Integrity and Trust

Gesundes Wachstum mit Transparenz und Vertrauen

Projekthintergrund und Ziele

Wertschöpfungsketten für ökologische Lebensmittel entwickeln sich häufig aus der Nische heraus - die an der Kette beteiligten Betriebe, Unternehmen oder Initiativen wachsen in mittelgroße Wirtschaftsstrukturen hinein. In der ökologischen Lebensmittelwirtschaft sind dabei Produktqualitäten, die auf Werten basieren, von zentraler Bedeutung für das Verkaufspotential der Produkte. Beispiele für solche Werte sind Einsatz für Naturschutz, Regionalität oder faire Preise für Erzeuger.

Ziel des Projektes HealthyGrowth ist die Analyse von Wachstumsprozessen in der ökologischen Lebensmittelwirtschaft. Das Projekt geht dabei der Frage nach, wie ein Wachstum aus der Nische heraus ohne den Verlust der speziellen Werte möglich ist. Über die produktgebunden Werte hinaus befasst sich das Projekt auch mit Werten, welche die sozialen Beziehungen entlang der Wertschöpfungskette prägen: Vertrauen und Transparenz. Im Ergebnis werden Handlungsempfehlungen für Praxis und Politik entwickelt.

Das Projekt leistet in seiner Umsetzung einen Beitrag zu den Nachhaltigkeitsgrundsätzen der HNEE, die für ein gesundes Wachstum unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Systeme eintreten.

 

Zielgruppe

HealthyGrowth richtet sich vor allem an kleine und mittelgroße Betriebe, Unternehmen und Initiativen, die ökologische Produkte erzeugen, verarbeiten bzw. vermarkten und sich im Wachstumsprozess befinden. Auch Einzelhandelsgeschäfte wie der Naturkosthandel oder Lebensmittelketten sowie Beratungs- und Marketingdienstleister können für die strategische Planung von den Projektergebnissen profitieren.

 

Ergebnisse

Die Auswertung der Fallstudien, die im Rahmen des Projekts durchgeführt und analysiert werden, ergab sechs Schlüsselaspekte, die maßgeblich zur Stärkung eines gesunden und wertebasierten Wachstums beitragen. Konkrete Handlungsempfehlungen für Praxis und Politik können daraus abgeleitet werden:

 

  • Zusammenarbeit: langfristig und vertrauensvoll

    Damit Produktqualitäten der ökologischen Lebensmittelwirtschaft im Wachstum bewahrt werden können, empfiehlt sich eine langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Kette. Kontroversen über die Auslegung von Werten wie beispielsweise das Ausmaß von Regionalität sind typisch in wachsenden Strukturen. Eine Kombination von vertraglichen Vereinbarungen und informellen Treffen empfiehlt sich für eine gute Zusammenarbeit. Seitens der Politik können kompetente Beratungsangebote - z.B. zur Vertragsabwicklung, zu Förderprogrammen und auch zu Konfliktmanagement - wesentlich dazu beitragen, einen Beitrag zu einer effektiven Zusammenarbeit entlang der Kette zu leisten.

     

  • Managementstrategie: Ziele explizit benennen und konsequent verfolgen

    Für ein erfolgreiches Wachstum ohne Werteverluste benötigen Betriebe, Unternehmen und Initiativen eine professionelle Managementstrategie, die Ziele explizit benennt und konsequent verfolgt. Die Fallstudien weisen darauf hin, dass in den untersuchten Ketten der ökologischen Lebensmittelwirtschaft Managementkenntnisse begrenzt sind oder waren. Häufig werden sie von Führungskräften schrittweise und mühsam aus der praktischen Erfahrung erworben. Führungskräfte zu Managementstrategien zu beraten und zu coachen stellt demnach eine zentrale Empfehlung für die Politik und expandierende Unternehmen dar. Für die Betriebe empfiehlt sich neben dem Erwerb von Kenntnissen weiterhin, bestimmte Bereiche abzugeben an professionelle Dienstleister, wie beispielsweise die Marktforschung, das Marketing und das Finanzcontrolling.

     

  • Aus- und Weiterbildung mit Werteorientierung

    Typisch für Wachstumsprozesse ist, dass neue Mitarbeiter*innen eingestellt werden. Diese sind oftmals spezialisiert auf einen bestimmten Bereich, z.B. den Ein- oder Verkauf, jedoch ist nicht bei allen ist ein grundlegendes Wissen zur werte-basierten ökologischen Produktion und Vermarktung vorauszusetzen. Für eine positive Unternehmensentwicklung und Zusammenarbeit entlang der Kette sind Aus-und Weiterbildungskonzepte, die Werte integrieren, daher zentral. Hausinterne wie auch externe Lern- und Trainingsangebote sollten von den Akteuren der Kette verstärkt genutzt bzw. von Bildungsträgern angeboten werden. Von Seiten der Politik sollten verstärkt Bildungs- bzw. Trainingsangebote an Berufsschulen, Lehr- und Versuchsanstalten sowie an Fachschulen, Hochschulen und Universitäten im Hinblick auf Werteorientierung rund um Lebensmittelherstellung und -verkauf ausgebaut werden.

     

  • Wertebasierte Produkte durch die öffentliche Beschaffung fördern

    Die öffentliche Hand kann direkt die Nachfrage nach ökologisch, tiergerecht, regional oder saisonal erzeugten Lebensmitteln fördern, indem die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung entsprechende Kriterien in öffentlichen Vergabeverfahren für Gemeinschaftsverpflegung anwenden. Den Projektstudien zufolge werden nachhaltige Verpflegungsdienstleistungen jedoch oftmals nicht realisiert, obwohl sie sowohl gesellschaftspolitisch erwünscht als auch rechtlich umsetzbar sind: Das europaweite Vergaberecht ermöglicht mit den sogenannten ‚Grünen Beschaffungsstandards‘ die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in öffentlichen Vergabeverfahren. Eine Anwendung der Standards empfiehlt sich für jede Verwaltung, denn die ausschreibenden Stellen können je nach Gegebenheiten vor Ort Anforderungen und Auswahlkriterien für die Bieter festlegen. Der Austausch mit Caterern im Vorfeld von Ausschreibungen ist wettbewerbsrechtlich möglich, so dass z.B. die preisliche Machbarkeit für ökologisch erzeugte Menüs bereits vor der Ausschreibung abgeklärt werden kann. Akteure der ökologischen Lebensmittelwirtschaft können gezielt nach Informationen zu nachhaltigen Vergabekriterien suchen und sich auf den Vergabeportalen der Verwaltungsbehörden registrieren, ggf. mit professioneller Unterstützung und in enger Abstimmung mit regionalen Erzeuger*innen bzw. Verarbeitungsbetrieben.

     

  • Rechtlicher Rahmen für wertebasierte Fleischketten

    Wertebasierte Fleischketten stehen vor besonderen Herausforderungen, da die Schlachtung mit einer Vielzahl von rechtlichen Regelungen und Genehmigungsverfahren verbunden ist. Regelmäßige Kommunikation zwischen den Tierhaltern, Schlachthofbetreibern oder handwerklichen Metzgern sowie eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Veterinärämtern hilft, den strengen Vorgaben nachzukommen bzw. rechtlich machbare Alternativen gemeinsam auszuloten. Premiumpreise lassen sich erzielen, wenn die Wertigkeit der Produkte (beispielsweise durch besonders hohe Tierwohlstandards) über die gesamte Kette bis zum Konsumenten umgesetzt und kommuniziert wird. Verbindliche Standards, Qualitätssiegel und Zertifizierungen dienen dabei der Transparenz und stärken das Vertrauen der Verbraucher*innen. Kompetente Beratung von amtlicher Seite ist eine Grundvoraussetzung für die Etablierung einer werte-basierten Fleischkette. Daher sind nicht nur innerbehördliche Informations- und Weiterbildungsangebote zu den komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern auch zu den möglichen Spielräumen bei der Auslegung der Rechtsvorgaben von zentraler Bedeutung.

     

  • Zivilgesellschaft einbeziehen

    Werte, die in der ökologischen Lebensmittelwirtschaft zentral sind, werden von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen geteilt. Eine Zusammenarbeit, beispielsweise mit Umwelt- und Naturschutzgruppen, eröffnet den Akteuren der ökologisch wirtschaftenden Ketten Möglichkeiten für die interne und externe Kommunikation. Zwar erfordert solch eine Zusammenarbeit zeitliche und personelle Kapazitäten, sie kann jedoch den gegenseitigen Wertetransfer mit der Gesellschaft stützen und die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Kette stärken. Existierende Fördermöglichkeiten zivilgesellschaftlicher Gruppierung können so auch einer nachhaltigen, wertebasierten Ernährung und Nahrungsmittelerzeugung zu Gute kommen.


Die Empfehlungen für Politik und Praxis, die aus den Projektergebnissen abgeleitet wurden, finden sich hier: Empfehlungen.pdf .

Sämtliche Veröffentlichungen über Einzelheiten zum Projekt HealthyGrowth und den Projektergebnissen finden sich unter diesem Link .

 

Datengrundlage

Das Konsortium des EU-Projektes besteht aus zehn nationalen Forschungsteams aus Europa, die in 19 Fallstudien Betriebe, Unternehmen und Initiativen der ökologischen Lebensmittelwirtschaft untersucht haben. Auswahlkriterien waren dabei das nachweisliche Wachstum der Betriebe sowie die Werteorientierung. In den Fallstudien wurden mittels Experteninterviews und Fachgesprächen die Strategien der Betriebe zur Wertebewahrung im Wachstumsprozess erfragt und abgeglichen. Das Forschungsteam an der HNEE befasste sich mit zwei Fallstudien, dem mittelständischen Unternehmen ‚Bohlsener Mühle‘ und der Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft ‚Landwege e.G.‘.


 

Projektkontakt an der HNEE

Prof. Dr. Anna Maria Häring

Dr. Susanne von Münchhausen

 

Projektförderung

Das Projekt ‚HealthyGrowth’ wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft. Das Projekt war in das EU-Programm ‚Core Organic II‘ eingebunden, welches einen Beitrag zur transnationalen und akteursorientierten Forschung zugunsten der ökologischen Lebensmittelwirtschaft in Europa leistet.

Projektlaufzeit: 04/2013 — 08/2016. 

 

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