Ackerbau(m) - das Agroforst-Projekt in Brandenburg
Herzlich willkommen auf der Seite der ILL Agroforst - hier erfährst du, wie Studierende und Lehrende das Projekt Ackerbau(m) im Löwenberger Land gestalten und erforschen. Wir geben Antworten auf die folgenden drei Fragen:
Was ist eine ILL (Innovative Lehr- und Lernform)?
Projekt Ackerbau(m): Was hat es mit der Versuchsfläche im Löwenberger Land auf sich?
Erste Eindrücke von unserer Fläche
© HNEE
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Was ist Agroforst?
Agroforstsysteme vereinen landwirtschaftliche Nutzung und die Anpflanzung von Bäumen – auf derselben Fläche. Eine Definition lautet:
Die ökologischen und ökonomischen Vorteile von Agroforstsystemen sind mit Blick auf die großen Fragen des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel von entscheidender Bedeutung. In einigen Ländern Europas und der Welt sind Agroforstsysteme seit langer Zeit etabliert, während es in Deutschland – abgesehen von Streuobstwiesen – nur eine überschaubare Anzahl von Praxisbeispielen gibt.
Wie kann ein Agroforstsystem gestaltet sein?
Es gibt unzählig viele Varianten, Agroforstsysteme aufzubauen. Wir stellen an dieser Stelle drei grundlegende Prinzipien vor.
Baumreihen werden in regelmäßigen Abständen auf eine landwirtschaftliche Nutzfläche gepflanzt. Landwirtschaftliche Maschinen fahren zwischen den Reihen, der Anbau von Ackerkulturen findet wie gewohnt statt. Die Ernte von Getreide, Körnerleguminosen oder Feldfutter wird erweitert durch die Gewinnung von Wertholz und Baumfrüchten.
(DeFAF o.J.; Nair 1993, S. 123)
Die artgerechte Haltung von Nutztieren stößt in baumlosen Systemen oft an ihre Grenzen. Hitze macht den Tieren zu schaffen, der Auslauf wird nicht vollständig genutzt. Gleichzeitig werden viele Nährstoffe direkt ins Grundwasser ausgewaschen. Werden z.B. Pappeln in einen Hühnerauslauf gepflanzt, Rinder in halboffenen Wäldern gehalten oder Schafe auf die Streuobstwiese geschickt, so kann diesen Problemen wirksam begegnet werden. Tiefwurzelnde Bäume halten nicht nur die Nährstoffe im Boden, sondern spenden den Tieren Schatten und Schutz. (USDA o.J.; DeFAF o.J.)
Neigt sich das fossile Zeitalter dem Ende zu, braucht es Alternativen zu Kohle, Öl und Gas. Holzhackschnitzel stellen eine solche Alternative dar und werden mit schnellwachsenden Bäumen wie Pappeln oder Weiden erzeugt. Viele Synergieeffekte treten auf, wenn Kurzumtriebsplantagen als Agroforstsysteme konzipiert werden. So können Weiden auf der Weide stehen oder Gehölzstreifen in Reihen auf dem Acker.
(BfN 2012)
Welche Vorteile bieten Agroforstsysteme?
- Vielfältigerer und höherer Ertrag für Landwirt*innen
- Erhöhung der Habitat- und Artenvielfalt
- Weniger Nährstoffverluste ins Grundwasser
- Verbesserte Nährstoffmobilisierung in tiefen Bodenhorizonten
- Windschutz und Schutz vor Erosion
- Gesteigerter Humusaufbau
- Nachhaltige Gewinnung von Holz und Energie
- Aufwertung des Landschaftsbildes und Chancen für den Tourismus
- Artgerechte Tierhaltung
(Bela Bender et al. 2009, S.9-10; Nair 1993, S. 245 u. 269; Rüdiger Unseld 2011, S. 11-12)
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Von Studierenden für Studierende - Was ist eine ILL?
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Das Projekt Ackerbau(m) findet in Form einer ILL statt. Diese Abkürzung steht für Innovative Lehr- und Lernform.
Unter diesem Namen werden an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde verschiedene Projekte gefördert, bei denen die Themenfelder Nachhaltigkeit und nachhaltiges Lernen im Vordergrund stehen.
Die spezielle Lernform fördert z.B. projekt- und problembasiertes sowie forschendes Lernen. So haben die Studierenden verschiedener Fachbereiche im Modul "ILL Agroforst" nicht nur die Möglichkeit, sich zusammen tiefer in einzelne Aspekte des Themas Agroforst einzuarbeiten und diese in Präsentationen vorzustellen, sondern sie arbeiten auch praktisch auf der Versuchsfläche im Löwenberger Land, wie links im Bild zu sehen.
Unsere Modellfläche im Löwenberger Land
Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNEE) begann im Sommersemester 2017 mit der Planung des Agroforstmodellprojekts Ackerbau(m). Schnell wurde eine passende Fläche gefunden - rund 5 Hektar in der Nähe der Ortschaft Großmutz im Löwenberger Land. Von Beginn an wurde das gesamte Projekt von Studierenden der HNEE - im Rahmen der ILL Agroforst - gestaltet, weiterentwickelt und wissenschaftlich begleitet.
Die Hochschule, sowie der Besitzer und der Pächter der Fläche unterstützen das Projekt ideell und finanziell. Somit ziehen alle Beteiligten an einem Strang und verfolgen das Ziel, neue Wege für eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft zu finden.
Das Projekt ist als Langzeitstudie angelegt und setzt sich mit zentralen Fragestellungen von Naturschützer*innen und Landnutzer*innen auseinander. Die Anpassung an den Klimawandel und die Erhöhung der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Nutzflächen spielen genauso eine Rolle wie die Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit von Agroforstsystemen.
Primär sollen in den nächsten Jahren folgende Forschungsfragen beantwortet werden können:
- Sind Agroforstsysteme eine wirkungsvolle Anpassungsmaßnahme an die Auswirkungen des Klimawandels?
- Welche ökologischen und ökonomischen Veränderungen treten auf, wenn Ackerflächen in Agroforstsysteme umgewandelt werden?
- Welche Anlageformen von Agroforstsystemen sind für den Bauer/ die Bäuerin praktikabel?
- Welche Ökosystemleistungen können durch Agroforstsysteme bereitgestellt werden?
Was genau wurde bisher vor Ort gepflanzt?
Zunächst wurden im November und Dezember 2017 insgesamt 8 Streifen für Wertholzbäume angelegt und bepflanzt. In die Zwischenräume der Baumgruppen wurden Sträucher sowie um die Fläche herum Windschutzhecken gepflanzt. So soll die Fläche unter anderem vor äolischer und fluvialer Erosion (Wind- und Wassererosion) geschützt und die Wasserbilanz der Fläche verbessert werden. Zudem sollen die Weichen für eine erhöhte Biodiversität gestellt werden.
Wertholzstreifen
Es wurden in 8 Reihen insgesamt 342 Bäume in 3er Gruppen gepflanzt. Aus diesen 3 Bäumen soll später ein "Zukunftsbaum" für die Wertholzproduktion ausgewählt werden.
Baumarten:
- 57x Wildbirnen (Pyrus pyraster)
- 57x Roteichen (Quercus rubra)
- 63x Elsbeeren (Sorbus torminalis)
- 57x Baumhaseln (Corylus colurna)
- 57x Speierlinge (Sorbus domestica)
- 51x Traubeneichen (Quercus petraea)
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Strauchgruppen
Zwischen die Baumgruppen wurden 49 Strauchgruppen gesetzt. Jede Gruppe wurde mit 4-6 Sträuchern bestückt. Insgesamt befinden sich 225 Sträucher in den Reihen.
Straucharten in den Reihen:
- 150 Sanddornsträucher (Hippophae rhamnoides)
- 75 Aroniasträucher (Aronia melanocarpa)
Windschutzhecke
Hierfür wurden 330 Sträucher in zwei Reihen als Windschutzhecke gepflanzt.
Straucharten in der Windschutzhecke:
- Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus)
- Eingriffeliger Weißdorn (Crataegus monogyna)
- Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
- Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus)
- Hundsrose (Rosa canina)
- Waldhasel (Corylus avellana)
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​​​​​​​Weiden für die Bodenverbesserung
Da aufgrund der Dürrejahre 2018 und 2019 einige der Sträucher in den Baumreihen ausgefallen sind (mehr dazu unter Dürreperioden), wurden im Frühjahr 2020 als Ersatz Weiden gepflanzt. Diese sollen einerseits der generellen Flächenbedeckung mit all ihren Vorteilen dienen, andererseits im weiteren Verlauf des Projekts zur Biomassegewinnung genutzt werden. Diese Biomasse wird dann als Frischzweighäcksel verwendet und im frischen Zustand auf der Fläche ausgebracht. Gepflanzt wurden 500 Strauchweiden in kleinen Grüppchen. Da die Bodenqualität der Fläche ein Forschungsschwerpunkt des Modellprojekts ist, erhoffen wir uns, damit einen weiteren innovativen Beitrag zur Bodenverbesserung und zum Humusaufbau leisten und untersuchen zu können.
Die folgende Übersicht zeigt die Baumreihen in der Draufsicht
Dürreperioden prägen den (Miss-)Erfolg
Durch die anhaltenden Trockenphasen in den Jahren 2018 und 2019 konnten sich bedauerlicherweise Teile der Pflanzung nicht halten, sind vertrocknet oder erlitten sonstige Schäden. Die Ausfälle wurden zum größten Teil wieder ersetzt, doch die Problematik der Trockenheit ist (genauso wie der Wildverbiss) ein stets präsenter Faktor, welcher ein weiteres Mal aufzeigt, wie bedeutsam die Erforschung trockenheitsresistenter Nutzungssysteme ist.
Was steht noch bevor?
Im Zuge des Projekts wurde beschlossen, das gesamte System um separate Weidenstreifen zu erweitern. Die Anlage dieser Streifen steht noch in ihren Anfängen, doch im Sommer 2019 wurde vom Pächter der Fläche bereits eine zusätzliche Fläche in der Größe eines Hektars zur Verfügung gestellt, welche sich direkt auf der anderen Straßenseite befindet, maschinell gut befahrbar ist und zudem den Vorteil räumlicher Nähe mit sich bringt.
Geplante Pflanzung
Für die Fläche wurden von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) gezüchtete DendroQuant-Strauchweiden ausgewählt, die für den vorliegenden Standort besonders gut geeignet sind. Gründe dafür sind unter anderem:
- keine Düngung notwendig, auch nährstoffarme Standorte bringen hohe Erträge
- Überdüngung wird durch hohe Stickstoffaufnahme toleriert und abgepuffert
- Strauchweiden-Streifen ideal als Pufferzonen zu intensiv gedüngten Agrarkulturen
- Boden wird durch intensive Durchwurzelung mit neuen Mineralstoffen versorgt und regeneriert
- starker Erosionsschutz
Die DendroQuant-Strauchweiden sind aufgrund ihrer genetischen Beschaffenheit noch ein Stück besser an den vorliegenden Standort und an das Wachstum in Streifenform angepasst als herkömmliche Weiden, z.B. verfügen sie durch Triploidisierung (genetische Besonderheit) über eine höhere Trockenresistenz.
Individuen von 18 verschiedenen Strauchweiden-Neuzüchtungen („DendroQuant 01“ – „DendroQuant 18“) sollen in einem Doppelreihensystem angepflanzt werden. Diese werden untereinander einen Abstand von 0,75 m aufweisen und die Einzelpflanzen werden im Abstand von 0,30 m angepflanzt. Die erste Ernte kann nach einer Umtriebszeit von 1 bis 3 Jahren erfolgen.
© GeoBasis-DE/LGB 2019, dl-de/by-2-0, Daten geändert
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Kontakt aufnehmen
Prof. Dr.
Tobias Cremer
Fachbereich für Wald und Umwelt
Telefon: (03334) 657 166
Prof. Dr. Ralf Bloch
Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz
Telefon: (03334) 657 362
Ackerbau(m) im Netz
Bäume auf dem Acker versprechen Vorteile
Agroforst im Netz
agroforst.info (Seite des DeFAF)
Vernetzung mit Forschungsprojekten
Unsere Modellfläche ist Teil des Forschungsprojektes DAKIS: Digitales Wissens- und Informationssystem für die Landwirtschaft.
DAKIS ist Bestandteil der "Agrarsysteme der Zukunft", ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Veröffentlichungen
Dettmann, H. (2019): Konzeption eines Datenmanagement-Plans für das Agroforst-Forschungsprojekt „Ackerbau(m)". Bachelorarbeit
Hrehorciuc, D. (2019): Development of a database and web application for the „Interaktives Lehr- und Lernformat Agroforst“ (ILL Agroforestry) project. Masterarbeit
- Im Tagungsband "Bäume in der Land(wirt)schaft - von der Theorie in die Praxis" auf den Seiten 99-108: Hofmann et al. (2017): Konzeption eines Agroforst-Modellvorhabens für das Löwenberger Land
- Hofmann, Paul und Hübner-Rosenau, Dorina (2016): Agroforst-Modellprojekt im Löwenberger Land. Bachelorarbeit
- Müller, Felix (2016): Assessing the Applicabilty of Agroforestry Systems in Europe to the "Löwenberger Land". Bachelorarbeit