Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
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Straßenlose Räume mindern Klimaextreme

Eberswalde, 18. Oktober 2011. Verkehrsarme Räume puffern die Auswirkungen des Klimawandels ab, mindern Klimaextreme und können vor Feuer, Erdrutschen, Wirbelstürmen oder Hochwasser schützen. Straßenlose Gebiete leisten so einen unschätzbaren Dienst für die Gesellschaft. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Mitgliedern der europäischen Sektion der internationalen Gesellschaft für Naturschutzbiologie (Society for Conservation Biology).

Die Autoren der Studie empfehlen, die verkehrsarmen Räume im Rahmen von Landschafts- und Transportplanung zu berücksichtigen und weitere Straßenbauprojekte in noch unzerschnittenen Räumen zu vermeiden. Sie schlagen eine formale und rechtliche Anerkennung von verkehrsarmen Räumen als zu schützende Objekte vor, damit beispielsweise das europäische Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ auch in Zeiten des Klimawandels wirksamer und kohärenter funktionieren kann. Zu den Autoren der Studie gehört auch Dr. Pierre Ibisch, Professor für Biodiversität Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Er ist Koordinator der deutschen Arbeitsgruppe und Leiter weiterer Forschungsarbeiten zur Auswirkungen von Straßen.

In der Studie, die in der internationalen Fachzeitschrift „Environmental Management“ erschienen ist, beschreiben die Wissenschaftler, welche wichtigen Dienstleistungen Gebiete ohne Straßen oder mit geringem Verkehrsaufkommen für die Gesellschaft erbringen. Dazu gehören die Bereitstellung von sauberem Wasser und sauberer Luft ebenso wie die Vorbeugung von Bodenerosion oder der Schutz vor invasiven Arten, Tier- und Pflanzenkrankheiten. Kurzum: sie unterstützen die Biodiversität als ein grundlegendes Element funktionstüchtiger Ökosysteme.

Das Besondere an den unzerschnittenen Gegenden und solchen mit wenig Verkehr ist ihre Funktion als Puffer für die Auswirkungen des Klimawandels. Sie mindern Klimaextreme und können vor Feuer, Erdrutschen, Wirbelstürmen oder Hochwasser schützen. Sie erleichtern auch die Verschiebung der Verbreitungsgebiete von Pflanzen und Tieren, die durch wärmere Temperaturen, trockenere Bedingungen oder extreme Wetterereignisse verursacht werden.

Einige Länder, wie die USA, haben die Bedeutung von straßenlosen Gegenden erkannt und sie formal unter Schutz gestellt. In vielen Teilen Europas wurde dieses Schutzbedürfnis allerdings noch nicht erkannt. Die Studie zeigt, dass allein in Deutschland 75 Prozent von ihnen außerhalb des Schutzgebietsnetzwerks der Europäischen Union „Natura 2000“ liegen. Weiterhin wird Europas Landschaft mit hoher Geschwindigkeit zerschnitten; die Straßenbaurate hat einen Höchststand erreicht. Die Verkehrserschließung bedingt aber, dass durch Verschmutzung, Lärm, hydrologische Veränderungen oder Unfälle Tiere getötet werden. Darüber hinaus wird die Ausbreitung invasiver Arten sowie Habitatsverlust und —zerschneidung gefördert. Straßen begünstigen den menschlichen Zugang zu vorher ungestörten Gegenden, was, zusammen mit Verstädterung und Landnutzungsänderungen zu Störung und Beeinträchtigung von Ökosystemen führt.

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass straßenlose oder verkehrsarme Räume im Rahmen von Landschafts- und Transportplanung berücksichtigt werden sollen und weitere Straßenbauprojekte in noch unzerschnittenen Räumen zu vermeiden sind. Sie drängen auf eine formale und rechtliche Anerkennung von verkehrsarmen Räumen als zu schützende Objekte, damit Schutzgebietsnetze wie das „Natura 2000“ auch in Zeiten des Klimawandels wirksamer und kohärenter funktionieren kann. Nur so ist ein Zusammenleben zwischen der modernen Gesellschaft und unserer lebenswichtigen Natur möglich.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Pierre Ibisch, Professor für Biodiversität und Naturschutz
Tel.: 03334 — 657 178, E-Mail: pibisch@hnee.de
Internet: www.hnee.de/ibisch

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