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Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
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Kahlschlag gegen Nachhaltigkeit

© HNEE Pierre Ibisch


Primary forest Arhangelsk (Russia)

© HNEE/ Pierre Ibisch

Studie: FSC-Siegel hat in Nordwestrussland keine positiven ökologischen Effekte auf die Waldbewirtschaftung

Das Siegel des „Forest Stewardship Council“ (FSC) gilt unter Umweltorganisationen als das anspruchsvollste internationale Zertifikat fĂŒr eine verantwortungsvollere Waldbewirtschaftung. Dass ein positiver ökologischer Effekt nicht ĂŒberall gegeben ist, zeigt nun eine vom WWF in Auftrag gegebene Studie zur Situation in Russland: Bei den im Nordwesten des Landes untersuchten FlĂ€chen konnte kein wesentlicher Unterschied zwischen FSC-zertifizierten WĂ€ldern und solchen ohne Zertifikat festgestellt werden. „In den untersuchten WĂ€ldern haben wir es unabhĂ€ngig von der Zertifizierung mit großflĂ€chigen KahlschlĂ€gen zu tun, von denen sich die Natur nur schwer erholt. Das ist ein besorgniserregender Befund“, kritisiert Dr. Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass es in Russland durch das FSC-Siegel keine wirkliche VerĂ€nderung hin zu einer ökologisch verantwortungsvolleren Waldbewirtschaftung gibt. KahlschlĂ€ge von bis zu 50 Hektar (etwa 70 Fußballfelder) nehmen den RĂŒckgang der ökologischen FunktionalitĂ€t der WĂ€lder, etwa als KlimaschĂŒtzer oder Lebensraum fĂŒr Tiere und Pflanzen, in Kauf. „Im Zuge der FSC-Zertifizierung werden in Russland Urwald-Schutzgebiete eingerichtet. Das ist zweifelsfrei ein positiver Effekt. Die Studie zeigt jedoch, dass der russische FSC-Standard wichtige Kriterien fĂŒr eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ignoriert. Das muss sich zĂŒgig Ă€ndern, sonst droht das Zertifikat seine GlaubwĂŒrdigkeit zu verlieren. Der FSC muss die derzeit laufende Überarbeitung des russischen Standards dringend nutzen, um eine Abkehr vom massiven Kahlschlag durchzusetzen“, so Dr. Susanne Winter weiter.

Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine der ersten Studien, die im borealen Wald systematisch versucht, FSC-zertifizierte und nicht-zertifizierte HolzernteflĂ€chen zu vergleichen. Verantwortlich war das Centre for Econics and Ecosystem Management an der Hochschule fĂŒr nachhaltige Entwicklung Eberswalde. DarĂŒber hinaus waren der WWF als Auftraggeber, die Nördliche Arktische Föderale UniversitĂ€t in Archangelsk, die Staatliche UniversitĂ€t Petrozavodsk (jeweils in Russland), die Nicolaus-Kopernikus-UniversitĂ€t in Torun (Polen) sowie das Writtle University College (Großbritannien) beteiligt.

„Wir haben KahlschlĂ€ge zweier reprĂ€sentativer Unternehmen, die jeweils mit beziehungsweise ohne FSC-Zertifizierung bewirtschaftet wurden, sowie einen Urwald detailliert untersucht und eine Vielzahl von ökologischen Indikatoren erfasst“, berichtet Jeanette Blumröder, Wissenschaftlerin der Hochschule fĂŒr nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die die Feldarbeit und die Analyse angefĂŒhrt hat. „Es gibt keine wesentlichen ökologischen Unterschiede, weil auch unter dem FSC-Siegel quasi sĂ€mtliche Holzbiomasse auf den KahlschlĂ€gen geerntet und abtransportiert wird“. Auch Anzahl und GrĂ¶ĂŸe der KahlschlĂ€ge wĂŒrden unter der Zertifizierung nicht verĂ€ndert. Besonders kritisch zu sehen seien die Folgen fĂŒr das Mikroklima der WĂ€lder. Die großen KahlschlĂ€ge erwĂ€rmten sich im Sommer sehr stark. Gerade in Zeiten von zunehmenden Hitze- und DĂŒrreperioden werde das Ökosystem durch die großrĂ€umigen KahlschlĂ€ge stark beeintrĂ€chtigt.

Der Eberswalder Naturschutz-Professor Pierre Ibisch sagt als Verantwortlicher der Studie: „Die FSC-zertifizierten FlĂ€chen haben sich in Russland rasch ausgebreitet. Der Grund besteht darin, dass die Firmen Zugang zum europĂ€ischen Markt erreichen wollen. Die Verbraucher in Europa kaufen das Holz mit dem FSC-Siegel und glauben, sie wĂŒrden den russischen WĂ€ldern damit etwas Gutes tun. Das können wir mit unserer Fallstudie leider nicht bestĂ€tigen. Ich halte es fĂŒr unverantwortlich, dass die Zerstörung der letzten großen UrwĂ€lder Russlands unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit voranschreitet“.

Originalstudie:

Ecological effects of clearcutting practices in a boreal forest (Arkhangelsk Region, Russian Federation) both with and without FSC certification, Ecological Indicators Vol. 106 (November 2019; Online-Vorabveröffentlichung: 20. Juni 2019)

(freier Zugang in den nÀchsten 50 Tagen https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1470160X19304467?dgcid=coauthor)

                                                                                                                                                    

Fachkontakt

Prof. Pierre Ibisch
Centre for Econics and Ecosystem Management
Hochschule fĂŒr nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
pibisch@hnee.de

Pressekontakte

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Tel.: 030-311 777 427
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